Was bedeutet die Digitalisierung für die Zukunft der Museen?
Das Internet macht den Zugang zu Informationen einfach – aber wer filtert sie? Die Debatte um «Fake News» zeigt: Wir wissen weniger denn je, was richtig ist und was falsch. Das Internet ist gesichtslos, anonym. Museen und Kuratoren exponieren dagegen Objekte, Geschichten und ihre Haltung öffentlich, stehen mit ihrem Namen dahinter. Digitalisierung kann Museen in Raum und Wirkung erweitern, aber Innovation und Kreativität in Denken und Handeln nicht ersetzen.
Warum ist diese Filterfunktion, das Kuratieren einer Ausstellung, so wichtig?
Ich sehe es als eine Riesenchance, etwas unter einem bestimmten Gesichtspunkt betrachten zu können und nicht einfach mehrheitsfähig sein zu müssen. Ähnlich wie im Theater, kann ich im Museum das Publikum für ein bis zwei Stunden verführen, in einem hoch konstruierten Raum Dinge und Botschaften zeigen, die ich unter dem gewählten Gesichtspunkt zueinander in Beziehung setze. Es ist eine Art Denkspiel.
Wie bekommen Sie die Besucher dazu, dass sie sich auf dieses Spiel einlassen?
Die Inszenierung soll die Besucher mit Geschichten «anfixen». Die Ausstellung muss die Tiefe eines Themas erkennen lassen und unbedingt begeistern. Wenn sie sich auf ein Thema einlassen, werden die Besucher mit ihrem eigenen Wissen, das viel weitergeht als das gezeigte, Teil der Ausstellung. Gerade darum halte ich es für den falschen Ansatz, allzu sehr zu vereinfachen oder zu belehren. Reine Unterhaltung oder eine Überdosis von superteuren Installationen können die Beziehung der Museumsbesucher zum Objekt und die Ausstellung als Bewegungsort nicht ersetzen. Oberflächlichkeit lässt sich weder mit Geld noch mit Medien wettmachen.
Helfen dabei Apps und andere Gadgets?
Ich weiss nicht, ob es auf Dauer funktioniert, das Museum zum Spielplatz zu machen. Virtual-Reality-Brillen werden sich wohl in den nächsten Jahren so massiv ausbreiten, dass ein Museum kaum mithalten kann. Darum ist eine gute Geschichte und ihre präzise Darstellung nachhaltiger als Technik mit Halbwertszeiten von unter einem Jahr. Ich beobachte gerne Menschen, wie sie beim Einkaufen auf die oft ausgeklügelten Präsentationen reagieren. Wenn ich sehe, wie etwa Früchte und Gemüse im Coop präsentiert sind, dann ist das sehr durchdacht, erprobt und verführerisch. Und genau diese Verführung brauche ich auch im Museum.