«Neumodisches Zeug», mögen vielleicht manche schimpfen, wenn von in Beton gereiftem Wein die Rede ist. Doch von neumodisch kann bei Betontanks nicht die Rede sein – die Weinbauern verwenden diese nämlich seit bald 150 Jahren. Neu ist allerdings, dass die Tanks nicht mehr beschichtet sein müssen, sondern manche Winzer auf puren Beton in Eiform setzen.
Christophe Pillon und Nathanaël Schlaepfer von der Domaine des Balisiers bei Genf gehören dazu: Sie lassen einen Teil ihrer Weine in den neuartigen, rund 600 Liter fassenden Tanks reifen. Dank der darin möglichen Mikrooxigenation, bei der kontinuierlich kleinste Sauerstoffmengen in den Wein gelangten, entstehe ein sehr fruchtiges, eher mineralisches Aroma, sagt Nathanaël Schlaepfer. «Die eigentlichen Rebaromen werden nicht wie beim Ausbau im Holzfass von Holznoten überlagert.» Pro Stück kostet ein Beton-Ei 4100 Franken. Dennoch habe sich die Investition gelohnt, findet Schlaepfer. «Unsere Kunden sind vom Ergebnis dieser speziellen Technik angenehm überrascht.» Der Erfolg der «Beton-Weine» spreche für sich.
Allen neuen Verfahren zum Trotz: In den Köpfen vieler Weintrinker gilt der Ausbau im Holzfass nach wie vor als Voraussetzung für einen guten Wein. «Diese Meinung ist zwar weit verbreitet», sagt Coop-Weinexperte Jan Schwarzenbach, «nur stimmt sie nicht.» Ausserdem sei Holz nicht gleich Holz. Zwar würden viele Rotweine im Laufe des Ausbaus eine gewisse Zeit im Holzfass gelagert, um einen gewissen Sauerstoffaustausch zu erreichen, doch mit der sagenumwobenen Barrique habe dies nichts zu tun.
Beim Barrique-Ausbau lagert der Wein in speziellen, lediglich 225 Liter fassenden Eichenfässern, um die Holz- und Röstaromen des Holzes aufzunehmen. Ob ein Wein in der Barrique ausgebaut werde, sei eine reine Stilfrage, sagt Schwarzenbach. «Für fruchtige Weine ist dies nicht sinnvoll – die Caramel-, Vanille- und Holznoten des Fasses würden das Aroma der Reben übertönen.» Bei hochwertigen, eher schweren Rotweinen sei der Barrique-Ausbau hingegen angebracht. Dort macht dieser auch kostenmässig Sinn. Denn die Methode ist teuer: Je nach Holzart kostet ein Fass bis 900 Franken, und mehr als dreimal kann es nicht verwendet werden.
Weitaus am häufigsten anzutreffen sind in den Kellereien Stahltanks. Eine saubere, relativ pflegeleichte Angelegenheit. Zudem gibt Stahl weder Aromen ab noch gelangt Sauerstoff in die Tanks. Hinzu kommt, dass die Temperatur darin konstant gehalten werden kann. Kritiker mögen bemängeln, dass lang in Edelstahl gelagerter Wein muffig rieche. Für kurz gelagerte, frische, aromatische und fruchtbetonte Weine ist der Ausbau in Stahltanks jedoch ideal. Entsprechend oft kommt diese Ausbauart auch bei der Herstellung von Weiss- oder Schaumweinen zum Einsatz.Ein ungewohnter Anblick: Beton-Eier im Weinkeller.